Inhalt
- Verschiedene Anwendungsmöglichkeiten von Wasser
- Physikalische Aspekte des Wassers:
- ---Hydrostatischer Druck Auftrieb
- ---Strömungswiderstand actio und reactio
- Therapie
- Halliwickmethode
- Wassertherapie für Kinder mit den verschiedensten Einschränkungen
Verschiedene Anwendungsmöglichkeiten von Wasser
Hydrotherapie ist die methodische Anwendung des Wassers in seinen verschiedenen Temperaturen und Aggregatzuständen. Es ist die Therapie im, um und mit Wasser.
Die Balneotherapie umfasst die therapeutische Verwendung von Bädern und den darin enthaltenen Wirkstoffen und die Anwendung von Trink- und Inhalationskuren und andere ortsgebundene Kurmittel (Heilgase, besondere klimatische Faktoren).
Es gibt Abreibungen und Waschungen (bei fieberhaften Erkältungen, Herz-Kreislaufstörungen, Schüttelfrost...), Packungen und Wickel (heisse Rolle, Arm- und Wadenwickel...), Güsse (Kneipp`sche Güsse), Dusche , Unterwassermassagen (Unterwasserdruckstrahlmassage), Wassergymnastik und Schwimmen.
Wassertemperaturen
- brunnenkalt 10° - 15°C
- indifferent 34° - 35°C
- warm 36° - 37°C
- sehr warm 38° - 40°C
- heiss 40° - 45°C (in Japan sogar bis 48°C)
Physikalische Aspekte
Der hydrostatische Druck, der Schweredruck (Gewichtskraft) des Wassers nimmt von oben nach unten zu und ist auf dem Boden des Gefässes (Schwimmbad, See) am höchsten. Seine Grösse errechnet sich aus der Höhe der Flüssigkeitssäule (Wassertiefe), die auf einem bestimmten Punkt lastet sowie der Dichte des Wassers. Süsses, warmes Wasser hat eine geringere Dichte als salziges, kaltes Wasser.
Der hydrostatische Druck ist ein mechanischer Reiz, der besonders auf das Herz-Kreislaufsystem sowie auf die Atmung wirkt.
Beispiel: Bei einem aufrecht im Wasser stehenden Menschen bewirkt der grössere Druck auf die Beine, dass ungefähr 200ml Blut zum Herzen hin verschoben werden. Dies bedeutet ein erhöhtes Blutangebot und somit ein vergrössertes Schlagvolumen. Die physiologische Reaktion ist eine Verlangsamung der Herzschläge. (Achtung bei Personen mit Herzproblemen).
Der Auftrieb
Wasserfloating
als Folge des hydrostatischen Druckes ist eine Kraft, die der Schwerkraft entgegenwirkt und einen Gewichtsverlust vortäuscht. Diese Kraft ist nach oben gerichtet. Die Grösse von der scheinbaren Gewichtsabnahme ist von dem Verhältnis der beiden Kräfte (Schwerkraft und Auftrieb) zueinander abhängig. Überwiegt der Auftrieb, so schwimmt der Körper. Ist aber die Gewichtskraft grösser, so sinkt der Körper. Dies zu wissen ist wichtig für die Auswirkung auf das Stütz- und Bewegungssystem. Je grösssr der Einfluss des Auftriebes ist, umso geringer ist, abhängig von der Ausgangsstellung, die Belastung der Gelenke, und umso entspannter ist die Muskulatur.
Stabil ist ein Körper im Wasser, wenn die beiden angreifenden Kräfte nahe beieinander und beide Angriffspunkte auf einer vertikalen Achse liegen.
Beispiel: Eine Person liegt auf dem Rücken im Wasser. Nicht jeder Mensch kann eine stabile Lage einnehmen. Meist sinken die Beine ab, denn an den Beinen überwiegt wegen der grösseren Knochen- und Muskelmasse im Vergleich zum Oberkörper mit seiner lufthaltigen Lunge die Gewichtskraft. Der Körperschwerpunkt liegt weiter fusswärts. Die beiden Kräfte liegen nicht auf einer Vertikalen und die Lage des Körpers im Wasser ist labil. Durch das Nachobenstrecken (cranial) der Arme können die beiden Kräfte auf eine Vertikale gebracht werden und die Körperlage wird stabil.
Bereits geringe Asymmetrien in der Haltung lassen den Körper zur Seite rollen. (Muskelasymmetrie, Skoliose, Hemiparese...)
Der Strömungswiderstand
- Je grösser und kantiger ein Gegenstand ist, desto grösser ist der Widerstand und die aufzubringende Kraft.
- Süsswasser hat eine geringere Dichte als salzhaltiges Wasser, also einen geringeren Widerstand.
- Warmes Wasser hat eine geringere Dichte als kaltes, also auch einen geringeren Widerstand.
- Je schneller etwas im Wasser bewegt wird, umso grösser wird der Strömungswiderstand. Verdoppelt sich die Geschwindigkeit der Bewegung, so erhöht sich der Widerstand um das Vierfache.
Gesetz von actio und reactio
ist das dritte Newton`sche Gesetz, das Prinzip von der Gleichheit von Wirkung (actio) und Gegenwirkung (reactio). Beispiel: Zieht der Übende beide Arme von der Wasseroberfläche seitlich am Körper vorbei nach unten hinten (=actio), so entsteht eine Bewegung nach vorne oben (=reactio)
Therapie
Die physikalischen Eigenschaften des Wassers werden in der Therapie genutzt:
- Verbesserung der Koordination: Dank dem Auftrieb können Bewegungsabläufe mit geringer Muskekraft geübt werden. Bewegungen können gebahnt werden.
- Entspannung der Muskulatur: Der Muskeltonus wird dank dem Auftrieb und der dazu führenden Gewichtsabnahme gesenkt. Eine Wassertemperatur von 31° - 36°C bewirkt auch eine Tonussenkung.
- Entlastung der Gelenke: Der Druck auf die Gelenke nimmt mit zunehmender Wassertiefe ab. Beispiel: Steht ein Übender bis zur Brust im Wasser, so lastet nur noch ein Gewicht von 15 - 30 kg auf seine Gelenke. Knochenbrüche, welche noch nicht belastungsstabil sind, können behandelt und die Muskulatur bereits auftrainiert werden.
- Schmerzreduzierung: Dank dem Auftrieb, der Entlastung der Gelenke und dem Herabsetzen des Muskeltonus schmerzen betroffene Körperregionen nicht mehr oder weit weniger.
- Gelenkbeweglichkeit: Mit Hilfe des Auftriebes kann allgemein die Gelenkbeweglichkeit verbessert werden. (Coxarthrosen, Knieprobleme, Rheumaeinschränkungen...). Die Gelenksmobilisation wird durch ständigen Wechsel der Bewegungsrichtung gefördert (Prinzip von actio und reactio)
- Muskeltraining: Durch Einbezug des Strömungswiderstandes kann die Muskulatur sehr differenziert auftrainiert werden.
- Verbesserung der dynamischen Kraft: Mit vielen Wiederholungen einer Bewegung und mit der Steigerung des Bewegungstempos kann der Muskel an Kraft zunehmen.
- Förderung von Gleichgewicht und Stabilisation: Bei kurzen, schnellen Armbewegungen muss der Körper stabil bleiben...
- Schwimmen (basiert auch auf actio und reatio)
Die Halliwickmethode
James Mc Millan begann sein Projekt an einer Schule für körperbehinderte Kinder: "Die Fortbewegung Behinderter im Wasser ohne Hilfsmittel". Die Halliwickmethode (benannt nach einer Schule) verfolgt das Ziel, dass sich die behinderten Kinder durch das Medium Wasser von ihren Hilfsmitteln lösen und eine bedingte Selbständigkeit erfahren können.
Das Wasser ist für den Menschen ein neues Medium. Er muss lernen, sich darin zu bewegen und die verschiedenen physikalischen Eigenschaften zu berücksichtigen.
- Der Körper hat kaum Gewicht (Auftrieb). Es muss gelernt werden, gegen den Auftrieb zu arbeiten.
- Das Wasser bietet anderen Widerstand als der Boden. Wenn man dagegen tritt, weicht es aus.
- Das Wasser hat ein Eigengewicht, das bei Bewegungen weg gestossen werden muss.
- Unter Wasser kann nicht geatmet werden. Das Einnehmen einer sicheren Atemposition muss erlernt werden.
Die Halliwickmethode ist hierarchisch gegliedert und beginnt immer mit der Wassergewöhnung.
Das 10 - Punkte - Programm
- Geistige Anpassung an die Verhältnisse im Wasser
- Loslösen, selbständig werden
- Vertikale Rotation - vorwärts- und rückwärtsdrehen, aufstehen - abliegen
- Laterale Rotation - drehen über die Seite, rollen
- Kombinierte Rotation - Kombination von vertikaler und lateraler Rotation
- Spüren und ausnützen des Auftriebes
- Gleichgewicht - Ruhe
- Gleiten auf dem Wasser
- Einfachstes sich fortbewegen
- Erster Schwimmstil
Wassertherapie
für Kinder mit verschiedenen Bewegungsstörungen und Behinderungen
Amputationen
Die Betroffenen müssen eine total neue Anpassung in Bezug auf ihr Gleichgewicht lernen.
Autismus
Die Kinder verfügen meist über ein sehr gutes Gleichgewicht. Rhythmus und das taktile Gefühl sind meist gut. Die Gruppe muss mit Kindern durchmischt werden, die von anderen Einschränkungen betroffen sind.
Blindheit
Anfangs sollten diese Kinder immer den Boden unter ihren Füssen spüren. Sie müssen selbst erfahren dürfen, wann und wo das Wasser tiefer wird, um die nötige Sicherheit zu erlangen.
CP
Um das Umkippen zu vermeiden, kann eine Ausweichhaltung eingenommen werden: *den Kopf zur Seite drehen *den gesunden Arm beugen *die Beine überkreuzen
- Ataxie: Der Grundtonus sinkt im Wasser. Der Stellungswechsel verursacht Angst. Diese Kinder fixieren sich stark auf gewisse Körperteile, um sich kontrollieren zu können. (Bsp. flektierte steife Armhaltung). Ganz wichtig für sie ist die Atmungskontrolle und eine gründliche Wassergewöhnung.
- Athetose: Die asymmetrische Körperhaltung und die überschiessenden Bewegungen verhindern eine stabile Lage. Ihre Bewegungsunruhe bringt viele Turbulenzen. Es ist wichtig mit ihnen mit dem Wasserwiderstand zu arbeiten.
- Diparese: Die Beine bewegen oft en bloc. Sie werden überkreuzt gehalten, was eine Verdrehung im Beckenbereich bewirkt und ein Rollen im Wasser hervorruft. Hier wird vorwiegend mit dem Oberkörper (Kopf und Schultergürtel) ausgeglichen. Der Schwimmer kompensiert mit sehr starken Armbewegungen.
- Hemiparese: Die einseitige Behinderung bringt den Betroffenen ins Ungleichgewicht. Er wird zur paretischen Seite gedreht (weniger Auftrieb). Um diese Schwierigkeit zu beheben, ist eine gezielte, präzise und individuelle Arbeit erforderlich. Je nach Ausprägung der Behinderung, werden Kopf, Becken oder die unteren Extremitäten angegangen.
- Spastik: Die Verkrampfung führt zu einer schmalen Unterstützungs- und Auftriebsfläche.
- Tetraparese: Die Arme und Beine sind schwer und tendieren zu sinken. Der Kopf wird oft in pathologischen Mustern fixiert.
Geistige Behinderung
Die Einschränkungen (können) liegen in:
- Erschwerte Aufnahmefähigkeit
- Schwierigkeit in der sprachlichen Verständigung
- Nachahmungsschwierigkeiten von Bewegungsmustern
- Koordinationsschwierigkeiten
- Mangelhafte Kontrolle der persönlichen Bewegung
- Fehlbeurteilung der Situation (überängstlich, Gefahr nicht erkennnen)
- Schwierigkeiten in der Gruppenfähigkeit (Sozialisation)
- Störungen der Emotionen
Schlaffe Lähmung
Gelähmte Glieder weisen ein niedrigeres spezifisches Gewicht auf als gesunde. Daher "schwimmen gelähmte Glieder wie von selbst".
Das Wasser ist ein ideales Medium. Einige Menschen mit Behinderungen schwimmen in wenigen Monaten, andere brauchen Jahre zum Erlernen dieser Fähigkeit. Doch Schwimmenlernen bedeutet Freude, Abwechslung und das Gefühl von Selbständigkeit. Geschult werden gleichzeitig die Konzentration und die Ausdauer.
Also, viel Vergnügen !