Frau Félice Affolter (Pädagogin) arbeitete über Jahre mit wahrnehmungsgestörten Kindern und Jugendlichen und mit hirnverletzten Erwachsenen. Zusammen mit einem Team erforschte sie die Gründe, der Wahrnehmungsstörung, beobachteten das Verhalten und die Reaktionen von den Kindern und Erwachsenen, formulierte Hypothesen und verglich die verschiedensten Beobachtungen. Anhand dieser Langzeitstudie konnten gewisse Entwicklungen, deren Störungen und Abbau angegangen werden. Überlegungen und Feststellungen von Frau Affolter weisen Wege, die Störungen zu berücksichtigen und in einem geeigneten Umfeld, Lernprozesse für die Betroffenen besser zu gestalten.
Das Spüren (der taktil-kinästhetische Sinn) bildet für die Wahrnehmung der Umwelt eine wichtige Grundlage. Das Kind berührt seine Um-Welt, ergreift sie, umfasst sie, betrachtet sie, lässt sie wieder los, lernt verschiedene Widerstände kenne (hart, weich, elastisch) und beginnt sich mit Ursache und Wirkung auseinander zu setzen, die Umwelt wird Wirklichkeit. Die so gemachten Erfahrungen werden verinnerlicht und können in verschiedenen Alltagssituationen eingesetzt werden.
Damit also die Umwelt Wirklichkeit werden kann, benötigt man Wahr-nehmung. Zum Nehmen gehört Spüren.
Wahrnehmungsgestörte Kinder und hirngeschädigte Erwachsene sind in ihrer Wahr-nehmung beeinträchtigt. Sie spüren anders, benötigen maximale Widerstände (Festkrallen - Wegwerfen). Oft benutzen sie zur Erforschung ihrer Umwelt nur zwei Finger, sie bleiben auf der Stufe der Einhändigkeit stehen, weichen bei feinen (für sie unbekannten) Widerständen zurück, kommen in eine innere Spannung und blicken weg. Ursache und Wirkung werden so schwer oder nicht erkannt, die Dreidimensionalität kann nicht erfasset werden.
Die Therapie
Der Therapeut steht hinter dem Betroffenen und führt seine Hände. Während des Führens wird nicht gesprochen. Die wahrnehmungsgestörten Kinder und hirngeschädigten Erwachsenen können so anhand von "problemlösenden Alttagssituationen" (z.B. Frucht schälen und zerteilen, Pizza backen, staubsaugen...) Erfahrungen und Sicherheit über ihre Umwelt sammeln, die unterschiedlichsten Widerstände und ihre Veränderungen ertasten, berühren, loslassen, selbst Wirkungen erzielen, Ursachen verstehen und lernen, sich in neuen Situationen zurechtzufinden.
- Spüren: Der Therapeut hilft dem Betroffenen über das Spüren. Die Information über die Beschaffenheit von Gegenständen ist sehr wichrig (Umwelt). Verschiedene Widerstände werden angeboten. So lernt der Betroffene Widerstandsverhältnisse beim Berühren, beim Umfassen, beim Bewegen und beim Loslassen. Die Regeln des Berührens werden erfahren. (die Unterlage, die Seitberührung). Spüren kann man nur, wenn der Körper sich bewegt oder bewegt wird. Dabei ist es wichtig, dass die Unterlage stabil bleibt !
- Spüren und Wirken:(Ursache und Wirkung): Gegenstände werden bewegt, Wirkungen erkannt. Es werden immer zuerst mit der Hand, verursachende Wirkungen ausgeführt (z.B. Apfel soll zerteilt werden. Zuerst versucht es der Wahrnehmungsgestörte mit der Hand. Der Apfel wird auf die harte Unterlage gedrückt. Es wird versucht, den Apfel mit den Fingernägeln zu zerteilen. Nichts passiert. Jetzt kann ein Messer zuhilfe genommen werden).
- Verstehen: Dinge können weggenommen werden . Die Wirklichkeit kann so verändert werden. (Verändern, Wegnehmbarkeit). Das Geschehnis wird erkannt, die Betroffenen, verstehen, das Lernen in Stufen beginnt. Zuerst werden Abfolgen von Tätigkeiten zu Gewohnheiten. (Gewohnheiten laufen immer in gleicher Richtung ab, in immer gleichen Situationen, sie sind unbeweglich, bringen nicht weiter, geben aber Sicherheit). Ist eine Tätigkeit spannend, steigt die Neugierde und der Lernende geht eine Stufe weiter.
- Verinnerlichen: Verschiedene Situationen können verschieden gemeistert werden, andere Verhaltenssequenzen können eingeschoben werden. Eine Tätigkeit kann an verschiedenen Orten ausgeführt werden. Die Betroffenen verinnerlichen die gemachten Erfahrungen und sind zu Umwegverhalten fähig. Reihenfgolgen können verändert werden, eine neue Ordnung kann aufgestellt werden.
- Sprache: Vielfach hilft die motorische Aktivität, die sprachlichen Fähigkeiten zu verbessern, auch in der Sprache beweglicher zu werden.